Acceleratoren und Inkubatoren

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Acceleratoren und Inkubatoren gehören längst auch in Deutschland zu den Unterstützungsangeboten, mit deren Hilfe Start-ups erfolgreich in den Markt eintreten. Beide Modelle sind für Start-ups interessant, da sie effektive Instrumente bieten, um die Herausforderungen einer Gründung zu lösen: Etwa den Zugang zu Finanzierungen, Aufbau von betriebswirtschaftlichem und technologischem Know-how oder die Vernetzung mit Stakeholdern. Die jeweiligen Programme setzen in der Regel jeweils eigene Schwerpunkte, beispielsweise die Fokussierung auf bestimmte Zielmärkte, Technologien oder Anwendungsfelder.

Als Anbieter treten bei beiden Modellen entweder privatwirtschaftliche oder öffentliche Träger – das können Wirtschaftsförderungen, Hochschulen oder auch Kommunen sein – auf. Das Bundeswirtschaftsministerium hat etwa den German Accelerator ins Leben gerufen. Unter den privatwirtschaftlichen Trägern gibt es bei beiden Modellen sowohl professionelle Anbieter (Non-Corporate), deren Geschäftsmodelle außschließlich auf der Unterstützung von Start-ups basieren, als auch etablierte Wirtschaftsunternehmen (Corporate). Der Zugang zu entsprechenden Programmen ist stets limitiert, sodass sich Bewerberinnen und Bewerber gegen starke Konkurrenz durchsetzen müssen. Ist ein Programm mit einer Anschubfinanzierung verbunden, werden als Gegenleistung meist Unternehmensanteile verlangt. Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass häufig auch Ressourcen wie Arbeitsmittel und Räume gestellt werden. Hinzu kommt größtenteils auch die Unterstützung durch Mentoring und Coaching.

Neben diesen Gemeinsamkeiten gibt es aber auch weitreichende Unterschiede zwischen den beiden Unterstützungsformen. Während es Inkubatoren vor allem darum geht, einem Start-up in den Phasen vor der Gründung – oder kurz danach – Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten, steht bei Acceleratoren die Beschleunigung des Markteintritts und des Wachstums mit schon herangereiften Geschäftsmodellen im Vordergrund.

Inkubatoren – ein „Brutkasten“ für gute Ideen

Inkubatoren bieten vor allem Start-ups Unterstützung, die noch ganz am Anfang der Gründung stehen. Typischerweise gibt es zwar bereits eine Idee, auf der das Unternehmen aufgebaut werden soll, doch ist diese noch nicht ausgereift – weder technisch, noch wirtschaftlich. Entsprechend gilt es auch, erst noch ein tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Dabei kommt es nicht selten vor, dass die ursprüngliche Idee stark modifiziert oder sogar verworfen wird, da durch die Teilnahme am Programm neue Erkenntnisse und Impulse bessere Alternativen aufzeigen. Häufig muss in dieser Phase auch noch das Gründungsteam aufgebaut und Räume sowie eine für die anstehenden Entwicklungsarbeiten geeignete Infrastruktur gefunden werden. Last, but not least ist zu klären, wie die Gründung zu finanzieren ist.

Inkubatoren bieten Start-ups Lösungen für alle diese Herausforderungen (oder zeigen zumindest auf, wo Lösungen zu finden sind). Ihr Investitionshorizont ist dabei langfristig ausgelegt – sie wissen, dass es bis zum Break-even noch ein weiter Weg sein kann. Ihr Interesse ist es, längerfristig Mehrwerte für das Start-up und für sich zu schaffen. Corporate-Inkubatoren geht es dagegen stärker darum, Innovationen auf den eigenen Tätigkeitsfeldern zu fördern, sich Talente zu sichern oder sich neue Investitionsmöglichkeiten zu eröffnen. Öffentliche Träger fördern als Inkubatoren vor allem den Wissens- und Technologietransfers, beispielsweise um Forschungsergebnisse wirtschaftlich zu verwerten. Viele von EXIST geförderte Einrichtungen zur Gründungsunterstützung an Hochschulen nehmen etwa diese Rolle ein. Die Abgabe von Firmenanteilen wird von Inkubatoren seltener verlangt als bei Acceleratoren, ist gerade bei hohen Anschubfinanzierungen aber nicht ausgeschlossen.

Die Bezeichnung Inkubator verweist auf die in der Medizin verwendeten „Brutkästen“, also einer geschützten Umgebung für ein gesundes Wachstum. Start-ups können bei Inkubator-Programmen daher in der Regel ihr Entwicklungstempo individuell bestimmen. Der Schwerpunkt liegt klar darin, neue Ideen zu schaffen und erste Schritte umzusetzen, sei es durch Prototypenentwicklung oder einen Machbarkeitstest zum Ereichen des Proof-of-Concept. Oft wird dafür intensiv am sogenanten Problem-Solution-Fit gearbeitet, um das bestehende Problem der Zielgruppe ausreichend mit der erdachten Lösung zu adressieren. Wie weit die Unterstützung reicht, unterscheidet sich von Programm zu Programm sehr. Während manche Inkubator-Programme vor allem ihr Netzwerk zur Verfügung stellen und auf Workshops und gezielte Coachings bauen, bieten manche Anbieter auch strukturelle Leistungen wie etwa den Zugang zu IT-Infrastrukturen, Buchhaltung oder Marketing-Instrumenten. Die Auszahlung eines Gehalts an die Gründerinnen und Gründer ist im Gegensatz zu Acceleratoren- bei Inkubatoren-Programmen eher die Ausnahme.

Acceleratoren – „Beschleuniger“ für den Markterfolg

Acceleratoren wenden sich vornehmlich an Start-ups, deren Geschäftsmodell bereits klar ist. Das Gründerteam steht, Prototyp und Produkt(e) sind entwickelt, die Produktion wird vorbereitet und erste Marktaktivitäten laufen an. Für Start-ups bietet sich mit Acceleratoren die Möglichkeit, einen erleichterten Zugang zum Zielmarkt zu finden, etwa indem Kontakte zu Kunden und Partnern aufgebaut werden. Beim German Accelerator stehen unter anderem internationale Zielmärkte und ein globales Partnernetzwerk im Fokus. Da es Acceleratoren vor allem darum geht, die Geschäftsentwicklung des Start-ups zu beschleunigen, sind die damit verbundenen Programme zeitlich beschränkt. Die Fristen der Unterstützung variieren dabei zwischen zwei Wochen und drei Monaten.

Typisch für Accelerator-Programme sind „Boot-Camps“, bei denen die Gründerinnen und Gründer intensiv gecoacht werden. Ziel dieser Coachings ist es, die Angebote und Produkte zu schärfen, Erfahrungen mit ersten Kunden zu reflektieren und ein Wachstum zu generieren, das weitere externe Finanzierungen ermöglicht. Ein Hauptaugenmerk liegt bei Accelerator-Programmen daher häufig auch in der Präsentation des Start-ups bei Veranstaltungen, die die Möglichkeiten bieten, sich mit externen Stakeholdern zu vernetzen. Nicht selten entwickeln die Start-ups gemeinsam mit Abteilungen des Mutterunternehmens, das den Accelerator betreibt, Pilotprojekte. Das Ziel: Lösungen für Probleme finden, die das etablierte Unternehmern bisher nicht selbst lösen konnte. Bestenfalls wird so nicht nur neues Entwicklungs-Know-how, sondern direkt ein neuer Kunde gewonnen.

Während es öffentlich finanzierten Acceleratoren vor allem um die Gründungsförderung und die Beschleunigung der wirtschaftlichen Verwertung von Forschungsergebnissen geht, motiviert Corporate und Non-Coporate-Accelertoren vor allem die Möglichkeit, durch die Investitionen zukünftig Gewinne zu generieren oder die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, etwa indem Innovationen früh erkannt und dadurch neue Märkte aufgetan werden können. Gründungsvorhaben erhalten von Acceleratoren oft fünf- bis sechsstellige Beträge. Dafür sind  durchschnittlich Firmenanteilen zwischen fünf und fünfzehn Prozent abzugeben. Durch steigende Konkurrenz verzichten viele Acceleratoren jedoch mittlerweile auf eine direkte Beteiligung am Unternehmen. Häufig kommt aber später das Investment eines mit dem Accelerator in Verbindung stehenden Wagniskapitalfonds in Frage.

Fazit: Vor- und Nachteile von Acceleratoren und Inkubatoren

Start-ups können sowohl Inkubator- als auch Accelerator-Programme nutzen, um ihre Gründung voranzubringen. Steht die Geschäftsidee bereits und ist auch klar, mit welchem Modell sie wirtschaftlich umgesetzt werden soll, kann mit Unterstützung eines Accelerator-Programms das Angebot schneller auf den Markt gebracht werden. Ein möglicher Nachteil besteht darin, dass das Start-up dabei zu sehr gepusht wird. Dann entsteht möglicherweise eine Lösung, die zwar dem Unternehmen hinter dem Accelerator hilft, aber für den breiten Markt nicht relevant genug ist. Das kommt vorallem dann vor, wenn Start-ups zu früh an einem Accelerator teilnehmen, obwohl die Idee noch mehr Zeit zur Reife gebraucht hätte. Diese Zeit finden Start-ups in aller Regel bei Inkubatoren. Sie sind daher vor allem dann hilfreich, wenn eine Gründung noch ganz am Anfang steht. Die längere zeitliche Bindung kann allerdings ihre Kehrseite haben: Start-ups, die schon relativ weit in der Entwicklung sind, können je nach Programm auch ausgebremst werden.

Die Angebote von Accelerator- und Inkubator-Programmen unterscheiden sich hinsichtlich der Finanzierung und der zur Verfügung gestellten Ressourcen oft nur wenig, mitunter verschwimmen die Grenzen der beiden Unterstützungstypen auch. Wichtig aus Sicht des Start-ups ist daher vor allem ein Blick auf die jeweiligen Träger der Programme. Corporate-Anbieter haben mitunter ein hohes Eigeninteresse an den Entwicklungen und binden daher tendenziell auch gerne erfolgreiche Start-ups an sich. Es gilt also aufzupassen, durch die Teilnahme das eigene wirtschaftliche Entwicklungspotenzial nicht zu hemmen. Bei Non-Corporate-Anbietern besteht zum Teil das Risiko, zu schnell ins Wachstum getrieben zu werden. Ein möglicher Nachteil liegt auch in aufwändigeren adminstrativen Prozessen und dem nur indirekten Kontakten zu den Problemstellungen späterer Zielkunden.

Gründerinnen und Gründer sollten sich also genau über die Ziele, Konditionen und Vorraussetzungen von Acceleratoren und Inkubatoren informieren, um den Aufwand für die Teilnahme sowie den erwarteten Mehrwert abzuschätzen. Dafür empfielt es sich, Start-ups anzusprechen, die das Programm gerade absolvieren oder es bereits durchlaufen haben. Startpunkt können die Programmwebsites sein, auf denen die meisten Anbieter geförderte Jungunternehmen präsentieren. Im Anschluss kann der Kontakt in Netzwerken wie LinkedIn gesucht werden. Auch regelmäßige Demo Days bieten Gelegenheit, mit Gründerinnen und Gründern aus unterschedlichen Programmen ins Gespräch zu kommen.