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Digitale Transformation: Industrie 4.0, Arbeit 4.0, Konsum 4.0

Vom Online-Shopping bis zum Messenger-Dienst: Digitale Plattformen gewinnen immer stärkeren Einfluss in unserer Gesellschaft, in unserem Alltag. Und sie werden auch ein immer stärker werdender Wirtschaftsfaktor. Sie sind in so gut wie allen Branchen vertreten und lösen bisherige Geschäftsmodelle ab oder verändern sie fundamental. Digitale Plattformen waren auch das Schwerpunktthema auf dem Digital-Gipfel 2019: Dabei ging es um entsprechende Schlüsseltechnologien und Geschäftsmodelle für die Zukunft. Was macht diese Plattformen aus; wo gibt es bereits heute die stärksten Umbrüche in der Wirtschaftswelt; mit welchen Geschäftsmodellen wird uns die Plattformökonomie in Zukunft noch überraschen? Wie verändern sich die Konsum-, Produktions- und Arbeitswelten heute und in Zukunft? Und wie müssen die Rahmenbedingungen gestaltet werden? Darum geht es.

B2C-Plattformen sind die „wertvollsten Unternehmen“

Wer kennt sie nicht? Amazon, Facebook, Google (Alphabet), Uber, Airbnb, Alibaba und wie sie alle heißen. Nicht mehr wie früher die großen Öl-, Auto- oder Mischkonzerne liegen wertmäßig an der Spitze, sondern digitale Plattformen. Sieben der wertvollsten Unternehmen der Welt (nach Marktwert) zählen heute zur Plattformökonomie. Charakteristisch ist ihre Netzwerkstruktur: Die Teilnehmer sind miteinander vernetzt und tauschen Informationen aus. Solche Plattformen bieten schon heute eine Vielzahl von Geschäftsmodellen: Suchmaschinen, Vergleichsportale, Musikstreaming-Dienste, Carsharing-Portale, Marktplätze bzw. Handels- und Verkaufsplattformen (Online-Shopping), Kommunikationskanäle bzw. „soziale Netzwerke“. Diese sind global präsent wie beispielsweise Facebook und Instagram, aber auch auf lokaler Ebene aktiv – wie Nachbarschaftsnetzwerke. Dabei fällt auf: Im B2C-Bereich kommen die Global Player überwiegend aus den USA (Stichwort Silicon Valley), einige auch aus China.

Schnelles Wachstum programmiert

Der Betreiber einer Plattform ist quasi ein Vermittler, der dank der digitalen Technik weltweit aktiv sein kann. Plattformen bündeln den Zugang zu Waren, Dienstleistungen, Informationen und Daten. Sie bringen Angebot und Nachfrage schneller und effektiver zusammen als die klassischen Geschäftsmodelle. Dadurch können sie bestehende Märkte beflügeln und vergrößern oder auch ganz neue Märkte schaffen. Bei einigen Plattformen, wie z. B. Messenger-Diensten im Bereich Social Media, steigert sich der Nutzen um so mehr, je mehr Menschen sich ihr anschließen bzw. darauf aktiv sind.

Solche digitalen Plattformen können enorm schnell wachsen (Skalierbarkeit), und das ohne großen Investitionsaufwand, da sie – anders als in der klassischen Produktionsindustrie – keine physischen Ressourcen wie Rohstoffe, Bauteile o.ä. benötigen und kein Herstellungsprozess existiert, der Zeit und Geld kostet. Sie müssen keine Produktionskapazitäten vorhalten und Rohstoffe oder Vorprodukte einkaufen. Sie haben deshalb das Potenzial für viel schnelleres internationales Wachstum als bisherige, klassische Geschäftsmodelle. Als internetbasierte Foren bringen sie Menschen und/oder Unternehmen zusammen.

B2B-Plattformen werden die Produktion zunehmend prägen

Tablet wir die Höhe gehalten Quelle: GettyImages/yoh4nn

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Während bisher in der öffentlichen Wahrnehmung überwiegend E-Commerce, Messenger-Dienste und andere Business-to-Consumer-Plattformen (B2C) im Blickpunkt standen, so werden künftig auch in der Produktions- und Arbeitswelt immer stärker digitale Plattformen Einzug halten. Business-to Business-Plattformen (B2B) dürften im Zusammenhang mit Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) zunehmend wichtiger werden. Hier ist Deutschland mit seiner Tradition u. a. im Maschinenbau stark. Für unseren Produktionsstandort ist es enorm wichtig, auch in Zukunft weit vorne mit dabei zu sein, wenn es um Innovationen und die Weiterentwicklung digitaler Plattformen im B2B-Bereich geht. Ganze Wertschöpfungsketten werden betroffen sein. Wer sich hier nicht rechtzeitig darauf einstellt und Innovationen umsetzt, droht im Wettbewerb den Anschluss zu verlieren.

Künstliche Intelligenz und vernetzte Systeme

Die Themen Industrie 4.0, Smart Factory, Maschinenkonnektivität/vernetzte Produktion, Maschinelles Lernen (Machine learning), intelligente Logistik, Internet of Things (IoT) – sie alle haben mit künstlicher Intelligenz und digitalen Plattformen zu tun. Sicher dürfte sein: Die Plattformökonomie wird sich durchsetzen. Und im Bereich B2B stehen wir erst am Anfang dieser „zweiten Welle der Digitalisierung“. Die Zahl der Plattformen in der Industrie – in Fertigung, Montage, Wartung, Lagerhaltung – wird in den nächsten Jahren weiter wachsen. Unternehmen können Produkte, Anlagen, Systeme und Maschinen vernetzen und digitale Plattformen für Datenfluss, -analyse und -austausch nutzen. Mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz und vernetzten Systemen wird die Produktions-, Transport- und Arbeitswelt sehr stark verändert. Das Potenzial ist groß und noch bei Weitem nicht ausgeschöpft. Es kommen viele Veränderungen auf uns zu: Wir stehen am Beginn eines großen Umbruchs.

Datenschutz und Datensouveränität

Kacheln und Hand mit Handy symbolisieren Internet der Dinge Quelle: Fotolia

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Plattformen sind Datensammler bzw. -lieferanten. Die Betreiber können die Daten z. B. zu Werbezwecken nutzen – im B2C-Bereich. Im B2B-Bereich werden die Daten eher dazu genutzt, Transport/Logistik, Produktion, Montage, etc. effizienter und/oder in höherer Qualität zu gestalten bzw. zu optimieren (Industrie 4.0). Doch: Was passiert mit den Daten, wie sieht es insbesondere mit den Rechten der betroffenen Personen hinsichtlich der Verwendung ihrer Daten aus? Mit der Datenschutz-Grundverordnung hat die EU ein unionsweites Regelwerk zum Schutz personenbezogener Daten geschaffen. Die noch junge Verordnung stellt Unternehmen vor die Herausforderung, die weitreichenden Bestimmungen einzuhalten, obwohl noch viele Unsicherheiten mit dem Regelungsrahmen bestehen. Zugleich ist es den Nutzern nicht immer bewusst, wie die Wertschöpfung aus Daten im Einzelnen erfolgt, da sich die Details der Datenverarbeitung häufig in langen Einwilligungserklärungen verbergen, die kaum einer liest und versteht.

Aufgabe der Politik ist es daher, allen Akteuren einen Weg aufzuzeigen, wie der Schutz des Einzelnen gewahrt werden kann und wie der Einzelne den persönlichen Umgang mit Daten mündig gestaltet.

Das enorme Wachstum, die riesigen Datenmengen und die große Marktmacht, die einige digitale Plattformen inzwischen erlangt haben, werfen zudem die Frage auf, wie das Wettbewerbsrecht an die neuen Entwicklungen der Plattformökonomie angepasst werden kann. Insgesamt geht es darum, einerseits mehr Investitionen und Innovationen zu ermöglichen, andererseits aber auch individuelle und unternehmerische Grundrechte und Datensouveränität zu sichern.

Digitaler Wandel als Gestaltungsaufgabe – auch für die Politik

Der Digital-Gipfel möchte die zentralen Handlungsfelder aufzeigen und dazu beitragen, Wirtschaft und Gesellschaft für die Chancen und Herausforderungen der digitalen Plattformen zu sensibilisieren, in Veranstaltungen, durch Exponate und Showcases für Aufbau und Nutzung digitaler Plattformen zu werben und – falls notwendig - Impulse für die Ergänzung von Rahmenbedingungen zu geben. Für den dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands und Europas ist es unverzichtbar, an der Wertschöpfung der Plattform-Ökonomie angemessen teilzuhaben und zu einem Anbieter und Gestalter der Daten-Ökonomie zu werden. Ziel ist, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass auch aus Deutschland und Europa heraus innovative und wettbewerbsstarke digitale Plattformen entstehen und wachsen können, die weltweit erfolgreich sind.